Interview
Nachhaltigkeit 3.0
Interview mit Jürgen Pongratz
Leiter der Abteilung Immobilienbewertung Ausland in der LBImmoWert. Zertifizierter Gutachter (CIS HypZert F/M) und Mitglied der RICS. Seit 2009 gehört er der HypZert-Fachgruppe Energie & Umwelt an.
Jürgen Pongratz
Regionalleiter AuslandHerr Pongratz, Sie sind Leiter der Abteilung Ausland in der LBImmoWert und beschäftigen sich auch mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wie sind Sie auf dieses Thema aufmerksam geworden?
Während eines Praktikums bei Siemens durfte ich mit Solarzellen experimentieren und habe einen Modell-Solarflieger gebaut. Als der dann noch funktionierte, war ich vollends von der Photovoltaik-Technik fasziniert und überzeugt. Während meiner Tätigkeit als Gutachter und in Fachverbänden, stellten sich häufiger Bewertungsfragen in Verbindung mit Energie- und Umweltthemen z.B. zu Gebäuden mit PV-Anlagen oder zu Green-Building Zertifikaten. Es war für mich nur eine logische Konsequenz, mich mit den Themen Energieeffizienz, energetische Bewertung und Nachhaltigkeit zu befassen.
Das Thema Nachhaltigkeit/Nachhaltigkeitszertifikate gibt es schon seit längerem. Wie hat sich die Bedeutung in Bezug auf die ESG-Regulierung mit der EU-Taxonomieverordnung verändert?
In der Tat sind Begriffe wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit inzwischen in der Immobilienwirtschaft und somit in der Bewertungsthematik feste Begriffe. Mit den Maßnahmen der EU-Taxonomie ergibt sich jetzt aus den ESG-Anforderungen (E=Environmental, S=Social, G=Governance) die Erfordernis Nachhaltigkeit messbar zu machen.
Die bekannten Nachhaltigkeitszertifikate wie DGNB, HQE, LEED und BREEAM decken lediglich die Begriffe Environmental und Social ab, nicht das G für Governance, was für eine nachhaltige Unternehmensführung (z.B. Wertemanagement, Anlegerschutz, Nachhaltigkeitsmanagement) steht. Das S für Social ist in der Immobilienwirtschaft über die aktuelle Nutzung eines Gebäudes hinaus zu sehen und soll u.a. den Mehrwert für die Gesellschaft bewerten. Dies betrifft z.B. Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Am einfachsten zu greifen ist das E für Environmental, welches den Umwelt- und Klimaschutz betrifft und dabei z.B. über die Energieeffizienz leichter messbare Ziele bietet als andere Themenbereiche. Meines Erachtens ist dies auch der wichtigste Teil der Verordnung. Die Immobilienbranche zählt immer noch zu den Hauptverursachern von CO2-Emissionen. Um nachhaltig das 1,5°-Grad-Ziel zu erreichen, müssen die CO2 Emissionen weiter gesenkt werden.
Um nochmals auf das Thema Nachhaltigkeit zurückzukommen. Man hat den Eindruck, dass der Aspekt Nachhaltigkeit nicht nur einen hohen Stellenwert eingenommen hat, sondern noch weiter an Bedeutung zunimmt. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Das ist absolut richtig. Nachhaltigkeit in seiner umfassenden Bedeutung und Wirkung ist das entscheidende Merkmal in der Bewertung von Immobilien. Nachhaltigkeit muss ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich sein. Eine nachhaltige Nutzung setzt Akzeptanz voraus, bei den Nutzern und in der Gesellschaft, während der Planung und bei der Erstellung, in der Verwendung der Materialien (Kreislaufwirtschaft), im Erscheinungsbild und in Bezug auf Umnutzungsmöglichkeiten, um nur ein paar Punkte zu nennen.
Ein Kernthema im Rahmen der Nachhaltigkeitsbetrachtung ist die Nutzung und Erzeugung regenerativer Energien. Hierbei bietet sich der Einsatz von Photovoltaikanlagen besonders an.
Die Einspeisevergütungen für PV-Anlagen auf Gebäuden sind inzwischen so weit gesunken, dass sich eine Einspeisung in öffentliche Netze nicht mehr lohnt. Was macht die Photovoltaik in Ihren Augen dennoch so besonders?
Von der Sonne kommt 5000-mal mehr Energie als Strahlung auf der Erde an als die Menschheit verbraucht. Es ist die sauberste Energie, die wir haben und wir bekommen sie zum Nulltarif. Nicht zuletzt deswegen genießt die Photovoltaik eine hohe Akzeptanz in der Gesellschaft. Rund 93% der französischen Bevölkerung und 95% der deutschen Bevölkerung befürworten diese Technik. Wegen der geringer werdenden Einspeisevergütung und der weiter steigenden Stromkosten wird der Eigenverbrauchsanteil für PV-Anlagenbetreiber zunehmend attraktiver. Wohngebäude und gewerblich genutzte Immobilien bieten noch sehr viel Platz für Photovoltaikanlagen. Eine sinnvolle Nutzung ist die Kombination mit Batteriespeichern, um den Anteil des Eigenverbrauchs zu erhöhen und damit die eigenen Stromkosten zu reduzieren. Praxis ist auch, Elektrofahrzeuge direkt mit Sonnenstrom zu laden und diese als indirekte Speicher zu nutzen. Durch die direkte Nutzung erhält man ein Stück Unabhängigkeit. Wie wertvoll Unabhängigkeit in Krisen sein kann, zeigt sich gerade in der Diskussion.
Herr Pongratz, noch ein letzter Satz zum Aspekt Nachhaltigkeit?
Deutschland und auch Frankreich könnten sich alleine mittels Photovoltaik in Kombination mit Windkraft und Biomasse komplett selbständig mit regenerativ erzeugter Energie versorgen … auch das ist Nachhaltigkeit.
Herr Pongratz, Sie sind Leiter der Abteilung Ausland in der LBImmoWert und beschäftigen sich auch mit dem Thema Nachhaltigkeit. Wie sind Sie auf dieses Thema aufmerksam geworden?
Während eines Praktikums bei Siemens durfte ich mit Solarzellen experimentieren und habe einen Modell-Solarflieger gebaut. Als der dann noch funktionierte, war ich vollends von der Photovoltaik-Technik fasziniert und überzeugt. Während meiner Tätigkeit als Gutachter und in Fachverbänden, stellten sich häufiger Bewertungsfragen in Verbindung mit Energie- und Umweltthemen z.B. zu Gebäuden mit PV-Anlagen oder zu Green-Building Zertifikaten. Es war für mich nur eine logische Konsequenz, mich mit den Themen Energieeffizienz, energetische Bewertung und Nachhaltigkeit zu befassen.
Das Thema Nachhaltigkeit/ Nachhaltigkeits-zertifikate gibt es schon seit längerem. Wie hat sich die Bedeutung in Bezug auf die ESG-Regulierung mit der EU-Taxonomieverordnung verändert?
In der Tat sind Begriffe wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit inzwischen in der Immobilienwirtschaft und somit in der Bewertungsthematik feste Begriffe. Mit den Maßnahmen der EU-Taxonomie ergibt sich jetzt aus den ESG-Anforderungen (E=Environmental, S=Social, G=Governance) die Erfordernis Nachhaltigkeit messbar zu machen.
Die bekannten Nachhaltigkeitszertifikate wie DGNB, HQE, LEED und BREEAM decken lediglich die Begriffe Environmental und Social ab, nicht das G für Governance, was für eine nachhaltige Unternehmensführung (z.B. Wertemanagement, Anlegerschutz, Nachhaltigkeitsmanagement) steht. Das S für Social ist in der Immobilienwirtschaft über die aktuelle Nutzung eines Gebäudes hinaus zu sehen und soll u.a. den Mehrwert für die Gesellschaft bewerten. Dies betrifft z.B. Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Am einfachsten zu greifen ist das E für Environmental, welches den Umwelt- und Klimaschutz betrifft und dabei z.B. über die Energieeffizienz leichter messbare Ziele bietet als andere Themenbereiche. Meines Erachtens ist dies auch der wichtigste Teil der Verordnung. Die Immobilienbranche zählt immer noch zu den Hauptverursachern von CO2-Emissionen. Um nachhaltig das 1,5°-Grad-Ziel zu erreichen, müssen die CO2 Emissionen weiter gesenkt werden.
Um nochmals auf das Thema Nachhaltigkeit zurückzukommen. Man hat den Eindruck, dass der Aspekt Nachhaltigkeit nicht nur einen hohen Stellenwert eingenommen hat, sondern noch weiter an Bedeutung zunimmt. Wie sehen Sie diese Entwicklung?
Das ist absolut richtig. Nachhaltigkeit in seiner umfassenden Bedeutung und Wirkung ist das entscheidende Merkmal in der Bewertung von Immobilien. Nachhaltigkeit muss ökologisch, ökonomisch und sozial verträglich sein. Eine nachhaltige Nutzung setzt Akzeptanz voraus, bei den Nutzern und in der Gesellschaft, während der Planung und bei der Erstellung, in der Verwendung der Materialien (Kreislaufwirtschaft), im Erscheinungsbild und in Bezug auf Umnutzungsmöglichkeiten, um nur ein paar Punkte zu nennen.
Ein Kernthema im Rahmen der Nachhaltigkeitsbetrachtung ist die Nutzung und Erzeugung regenerativer Energien. Hierbei bietet sich der Einsatz von Photovoltaikanlagen besonders an.
Die Einspeisevergütungen für PV-Anlagen auf Gebäuden sind inzwischen so weit gesunken, dass sich eine Einspeisung in öffentliche Netze nicht mehr lohnt. Was macht die Photovoltaik in Ihren Augen dennoch so besonders?
Von der Sonne kommt 5000-mal mehr Energie als Strahlung auf der Erde an als die Menschheit verbraucht. Es ist die sauberste Energie, die wir haben und wir bekommen sie zum Nulltarif. Nicht zuletzt deswegen genießt die Photovoltaik eine hohe Akzeptanz in der Gesellschaft. Rund 93% der französischen Bevölkerung und 95% der deutschen Bevölkerung befürworten diese Technik. Wegen der geringer werdenden Einspeisevergütung und der weiter steigenden Stromkosten wird der Eigenverbrauchsanteil für PV-Anlagenbetreiber zunehmend attraktiver. Wohngebäude und gewerblich genutzte Immobilien bieten noch sehr viel Platz für Photovoltaikanlagen. Eine sinnvolle Nutzung ist die Kombination mit Batteriespeichern, um den Anteil des Eigenverbrauchs zu erhöhen und damit die eigenen Stromkosten zu reduzieren. Praxis ist auch, Elektrofahrzeuge direkt mit Sonnenstrom zu laden und diese als indirekte Speicher zu nutzen. Durch die direkte Nutzung erhält man ein Stück Unabhängigkeit. Wie wertvoll Unabhängigkeit in Krisen sein kann, zeigt sich gerade in der Diskussion.
Herr Pongratz, noch ein letzter Satz zum Aspekt Nachhaltigkeit?
Deutschland und auch Frankreich könnten sich alleine mittels Photovoltaik in Kombination mit Windkraft und Biomasse komplett selbständig mit regenerativ erzeugter Energie versorgen … auch das ist Nachhaltigkeit.